Alard von Kittlitz, Redakteur im Ressort „Z – Zeit zum Denken“ der Zeit, ließ sich die Sterne deuten. Und anders als in solch einem kritischen Blatt erwartet, war die Tageszeitung überrascht darüber, wie genau diese Deutung ausfiel. Dies war am 02. September 2020 im Artikel „Wer glaubt denn sowas?“ zu lesen. Astrologie Kritik also weit gefehlt. Das freut mich natürlich. Dennoch hat sich der Redakteur kritisch und wissenschaftlich damit auseinandergesetzt. Astrologie Wissenschaft oder Aberglaube?

Nun taucht ein weiterer Artikel in einem Wissenschaftsmagazin auf, der der Astrologie ebenfalls eine hohe Genauigkeit zuspricht und resümiert, es müsse irgendetwas an der Sterndeutung dran sein. Das GEO Magazin, bekannt für journalistisch sehr sauber erarbeitete Dokumentation über Geschehnisse auf der ganzen Welt, schreibt eine Ausführung über Astrologie. Sie ist von Respekt, Fairness und ehrlichem Staunen geprägt. So bekommen Astro-Kritiker zwar mehr Raum als im Artikel der Zeit, doch auch hier wird nicht von Magie oder Ähnlichem gesprochen. Wieder also keine Kritik an der Astrologie. Denn es ist eine grundlegende Herangehensweise, die nachvollziehbar ist und Menschen ganz offensichtlich in allen Lebenslagen unterstützt.

Ich möchte einen dieser Artikel für euch kuratieren, um die Punkte, die ein Wissenschafts-Redakteur der Zeit angeführt hat, genauer auszuführen und zu bewerten.

Die Entzauberung der Welt – ist die astrologische Auswertung noch ernst zu nehmen?

Alard von Kittlitz zitiert Shakespeares Prinz Hamlet aus dem gleichnamigen Stück, der sagt „mein Zustand ist so traurig, dass mir dieser herrliche Bau, die Erde, ein kahles Vorgebirge scheint; seht, dies herrliche Dach, die Luft, dies prächtig darüberhängende Firmament, dieser majestätische Thronhimmel mit goldnen Sternen besät, scheint nichts anderes mir als ein Zusammenfluss fauler, verpesteter Dünste.“

Diesen Textausschnitt schrieb William Shakespeare 1601. Das beschreibt sehr deutlich, wie sich das kosmologische Bild des Menschen gewandelt hat. So gab es eine Zeit, in der Menschen die Sterne anbeteten. Nun hat sich das durch Wissenschaft komplett gedreht. Verständlicherweise. Denn das Universum kann mittlerweile einigermaßen verstanden werden. Wieso also glauben noch Leute an die Astrologie, fragt sich von Kittlitz. „Aber die Astrologie, der schon vor Tausenden von Jahren vertraut wurde, geht irgendwie nicht weg. Wieso eigentlich nicht?“

Er lässt sich also sein Geburtshoroskop deuten. Meiner Meinung nach auch einer der besten und verständlichsten Einstiege in die Astrologie. So ist das Geburtshoroskop extrem individuell und vor allem auch in erster Linie mit dem Sternzeichen verknüpft. Und da dies auch im Alltag immer mal wieder von Bedeutung ist, ist dort eine Verbindung zwischen der Astrologie und der Welt von Astro-Einsteigern gut gegeben.

Astrologie Wissenschaft oder Aberglaube

Eines der Hauptargumente bei Astrologie-Kritik ist, dass Astrologie immer so breit formuliert ist, dass sie immer zutreffen kann. Das greift auch von Kittlitz auf. Er hat sich vor seinem Geburtshoroskop eine astrologische Analyse anfertigen lassen, da diese günstiger ist als ein Horoskop. Verständlich und keineswegs unklug. Wieso nicht erstmal langsam mit der Materie bekannt machen?

Und nun die erste Erkenntnis. Die Analyse (er ist Jungfrau, im Aszendent Steinbock) sagte ihm:

„Der Austausch von Informationen oder Gütern dürfte ein wichtiger Aspekt bei Ihrer Berufswahl sein. So mag Ihre berufliche Tätigkeit im weitesten Sinne Wissensvermittlung, Medienarbeit, Handel oder Transport beinhalten.“ Nun ja, ich bin Journalist.

Woran er sich anschließend aufhängt ist die Begrifflichkeit „im weitesten Sinne“. So sagt er, hat auch ein Bäcker mit Informationsaustausch und Transport zu tun. Das ist korrekt. Aber hier möchte ich nun einhaken. Ganz klar: Ein wissenschaftlich, empirisch belegter Fakt wie „Sie sind blond.“ ist nicht zu bestreiten. Niemand zweifelt daran. Wieso aber wird in der Astrologie etwas, was offensichtlich zutrifft, als glücklicher Zufall gedeutet? Es ist nicht wissenschaftlich belegbar, aber es unterstützt Menschen auf dem Wege der Selbsterkennung. Die Genauigkeit der Astrologie kann kein Zufallen sein. Das stelle ich bei all meinen Sitzungen fest. Was ist daran also zu kritisieren?

Von Kittlitz beschreibt die Antwort, die ihm dazu in den Kopf kommt sehr gut und prägnant: „Es ist irritierend, wenn etwas funktioniert und man nicht weiß, warum.“

Astrologie ist eine Deutungskunst – sie negiert nicht den freien Willen

Und wieder sind wir bei dem Problem: „Irgendwie trifft es zu, ich weiß aber nicht warum.“ Das schreckt Menschen offenbar ab. Und das verstehe ich auch. Der Redakteur der Zeit kontaktiert deshalb Richard Tarnas. Tarnas ist Professor am kalifornischen Institut of Integral Studies und hat selbst in Harvard studiert. Ein „ultragebildeter Hippie“. So sieht von Kittlitz darin die Möglichkeit, Astrologie wissenschaftlich bewerten lassen zu können. Und Tarnas sagt dazu etwas ganz Wichtiges:

„Wenn man ernsthaft über Astrologie sprechen möchte muss man sich vorher der vollen Breitseite der wissenschaftlichen und philosophischen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts gestellt haben. Man muss diese Entzauberung erstmal anerkennen.“

Und genau das ist es! Die Wissenschaft hat viel Erkenntnisse gezeigt, die die Astrologie zu widerlegen scheinen. So gibt es keine empirischen Beweise dafür, dass Planetenstellungen auf uns als individuelles Wesen Einfluss nehmen. Doch auch Tarnas hält trotzdem an der Astrologie fest, da sie für ihn zu konsistent richtig liegt. Jeder kann sich sein eigenes Bild zur Sterndeutung und der astrologischen Kritik machen. Zum Abschluss finde ich aber, trifft es Tarnas nochmal auf den Punkt, wieso Astrologie einfach Sinn hat für Menschen:

„Diese Erkenntnis [Anm.: dass der volle Glaube an die Astrologie unser Weltbild zu sehr auf den Kopf stellen würde und sie deshalb einfach für viele Menschen unglaublich bleibt] hat mir vor allem ungeheuer wohlgetan. Ich bin von einer isolierten, grotesken Anomalie des Bewusstseins im leeren Raum zu einem Selbst gelangt, das in das Universum eingebettet ist. In gewisser Weise erscheint mir das auch viel einleuchtender, viel nüchterner als das Gegenteil – dass die menschliche Natur die totale Ausnahme wäre.“

Lese-Tipp: Die Wissenschaft der Astrologie für Arbeitgeber – Ein Experteninterview

Wir sind Teil des Universums. Und dass dieses unseren Lebensweg erleichtern kann, ist meiner Erfahrung nach (und auch der von Tarnas und der Astrologin des Zeit-Redakteurs, Birgit von Borstel) außer Frage. „Die Astrologie ist eine schöne Idee“, so von Kittlitz. Dies kann man auch in meinen Augen so stehen lassen, wenn man eine Antwort auf die Frage “ Astrologie Wissenschaft oder Aberglaube “ sucht. Denn nicht alle müssen daran glauben. Aber die, die es tun, finden dadurch ihren Weg. Und genau darum geht es doch.

Martina Pegutter